Einsätze unter Strom

Strom ist nicht nur schaurig sondern kann auch ein schönes Spektakel liefern. Die Bergweiler Feuerwehr hatte zwei Einsätze mit einer gerissenen Hochspannungsleitung in der Winterlandschaft, die durchaus romantische Gefühle wecken. Dennoch muss man sich den Gefahren im Feuerwehreinsatz bewusst sein.

Ein großes Feuerspektakel durch eine abgerissene Hochspannungsleitung (Quelle: Bergweiler Feuerwehr)

Ein großes Feuerspektakel durch eine abgerissene Hochspannungsleitung (Foto: Bergweiler Feuerwehr)

Vor Dingen die ich nicht sehen kann habe ich einen gehörigen Respekt. Daher hab ich es auch nicht so mit Gefahrgut-, Strom- oder Gaseinsätzen. Sind ja alles Bereiche wo ich erst weiß was Sache ist wenn es unter Umständen schon zu spät ist. Dann doch lieber ein offener Dachstuhlbrand wo der Überraschungseffekt nicht ganz so hoch ist.

Bevor wir uns aber die öden Abstandstabellen aus dem Grundlehrgang anschauen, ein tolles Video der Bergweiler Kameraden. Bei dem Einsatz hier und hier ist jedes Mal eine Hochspannungsleitung gerissen und hat die Feuerwehr auf den Plan gerufen. Da glücklicherweise das Ganze im Winter war, hielten sich die Schäden und die Brandgefahr in Grenzen. Aber es war mal wieder ein Aufhänger um zu überlegen wie das noch mal mit dem Abstand bei gerissenen Hochspannungsleitungen ist und welche Entfernung ich mit beim Einsatz von Strahlrohren einhalten muss.



Vielen Dank an Sascha für die Bereitstellung der Bilder und des Videos. Der Feuereffekt auf dem Video kommt übrigens durch den fließenden Strom zu Stande. Nachdem am Ende des Films das Ganze abgeschalten wird, sind auch sofort die Flammen weg. Bei der Stromleitung müsste es sich um ca. 20.000 Volt gehandelt haben.

Da die Abende bei uns nun auch wieder länger und die Temperaturen kälter werden, sind gerissene Hochspannungsleitungen Einsatzstichworte die bei jeder Feuerwehr kommen können. Werfen wir also mal einen Blick auf die Gefahrenmatrix um zu checken, auf was wir achten müssen:

  • Atemgifte: nein, so lange nichts brennt. Ansonsten ist die Gefahr im Freien auch gering.
  • Angstreaktion: nein
  • Ausbreitung: ja, durch brennbares Material um die Leitung herum.
  • Atomare Gefahren: nein
  • Chemische Gefahren: nein
  • Erkrankung: nein
  • Explosion: nein
  • Elektrizität: ja
  • Einsturz: ja, evtl. hängt in der Leitung noch ein Baum bzw. kann die Leitung noch weiter herunterkommen.

Ist also noch recht überschaubar und mit Abstand, Absperren und der Sicherstellung des Brandschutzes sollte man auch schon das meiste im Griff haben. Alles andere ist dann sowieso Aufgabe des zuständigen Energieversorgers.

Glück gehabt, außer etwas Grünzeug hat nichts weiter gebrannt (Foto: Bergweiler Feuerwehr)

Glück gehabt, außer etwas Grünzeug hat nichts weiter gebrannt (Foto: Bergweiler Feuerwehr)

Beim Absperren ist  nun die Frage wie groß man den Radius um die herabhängende Leitung wählt. In der gängigen Feuerwehrliteratur wird ein Mindestabstand bei Hochspannung (= über 1.000 Volt) von 20 Meter vorgeschlagen. Warum? Eine herabhängende Leitung erzeugt einen sogenannten Spannungstrichter. D.h. das Erdreich ist unter Spannung, die mit zunehmender Entfernung von der Leitung abnimmt. Wenn man nun mit großen Schritten zur herabhängenden Leitung marschiert hat man an seinen Füßen unterschiedliche Spannungen anliegen (der Fuß der näher an der Leitung ist und der, der weiter weg ist). Durch diese unterschiedliche Spannungen fließt  Strom durch den Körper, auch wenn man die herabhängende Leitung gar nicht berührt. Darüber hinaus muss man auch darauf achten, ob die gerissene Stromleitung irgendetwas anderes berührt. Liegt sie beispielsweise an einem Metallgeländer an, so ist dieses auch unter Strom. Hier müssen die Absperrmaßnahmen dann um das Geländer erweitert werden.

Falls es zu Folgebränden kommt ist es auch wichtig zu wissen welche Abstände mit dem Strahlrohr eingehalten werden müssen. Die nachfolgende Tabelle dürfte jedem Feuerwehrler wohl bekannt sein:

Niederspannung (bis 1.000 Volt) Hochspannung (über 1.000Volt)
Sprühstrahl 1 Meter 5 Meter
Vollstrahl 5 Meter 10 Meter

Da es sich in unserem Einsatzbeispiel um eine Hochspannungsleitung handelt die über 1.000 Volt hat, müssen wir mit dem Strahlrohr einen Sicherheitsabstand von fünf bzw. zehn Meter einhalten. Für alle die es nicht so mit Zahlen haben, sollten sich zumindest die 10 Meter merken, mit denen sie auf der sicheren Seite sind. Bei den Energierversorgern selbst werden übrigens noch weitere Begriffe zur Unterteilung der Spannung verwendet, was bei uns schon Hochspannung ist entlockt denen nur ein müdes Lächeln. Im Feuerwehrbereich gibts aber wie geschrieben nur die 1.000 Volt Grenze um die Bereich in Hoch- und Niederspannung zu trennen.

Ich hoffe die paar Zeilen haben geholfen um altes Wissen im Kopf hervor zu kramen und wer noch mehr wissen will kann hier noch etwas lesen. Wenn Ihr auch schon Einsätze mit Strom hattet, freue ich mich über Eure Kommentare. Wenn es sonst noch interessante Dinge in Eurer Feuerwehr gibt über die ich auf feuerwehrleben.de berichten soll, dann schreibt mir wie Sascha einfach eine E-Mail.

3 Kommentare zu Einsätze unter Strom

  1. Wir mussten uns kürzlich auch etwas genauer mit dem Thema beschäftigen… Bei einem Großbrand hingen zwei Überland-Leitungen im Feuer und drohten zu abzureissen:

    http://www.ffw-bgd.de/index.php/berichte/32

  2. Wo bei du bei dem Video eine Gefahr außer acht lässt.
    Dort liegt Schnee. Durch die Hitze des Fließenden Stromes kann dieser Schmelzen und eine leitende Wasserlache Bilden.

  3. Hallo,

    wie auf dem Video zu sehen ist, ist zwischen dem Standpunkt der Kameraden und dem Punkt wo die Leitung Bodenkontakt hat, noch eine Brücke und ein kleiner Bach.

    Daher bestand hier keine Gefahr durch Wasser bzw. Bildung von Wasser. Aber generell sollte man natürlich hierauf schon achten. Es muss ja kein Schmelzwasser, reicht ja wenn es Löschwasser ist und irgendwie in Kontakt mit einer Leitung kommt.

    Und wenn dir dann mal schauen was alles bei einem größeren Brand nass ist bzw. mit Wasser verbunden ist.

    Gruß
    Sascha

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