FEUERWEHRLEBEN

Fall Notarzt Alexander Hatz: Schießen wir hier übers Ziel hinaus?

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Zurzeit macht der Fall um die Einsatzfahrt von Notarzt Alexander Hatz vor allem in Blaulichtkreisen die Runde. Es vergeht kaum ein Tag an dem ich nicht über irgendeinen Weg auf das Thema aufmerksam gemacht werde und um Unterstützung gebeten wird.

Ehrlich gesagt finde ich persönlich das was da gerade abgeht mehr als erschreckend. Ich lese Äußerungen und Aufrufe die mit meinem rechtsstaatlichen Verständnis nichts mehr zu tun haben. Viele vergessen völlig welche Rechte, Aufgaben aber auch Pflichten und Verantwortung jeder von uns hat wenn er in einer Blaulichtorganisation tätig ist.

Vorweg, ich maße mir nicht an konkret über den Fall Alexander Hatz zu urteilen. Ich weiß nicht wer Schuld hatte, wer einen Fehler gemacht hat und was im Detail vorgefallen ist, außer das was man in den Medien liest. Mir persönlich ist das aber viel zu wenig um aus der Ferne ein Urteil zu sprechen.

Reflexartig findet aber ein Aufschrei unter uns statt. Ohne einen Funken Selbstkritik wird der Anzeigenerstatter massiv in den sozialen Medien angegangen. Teilweise wird sogar gefordert den Namen auf Facebook zu veröffentlichen. Feuerwehren machen über ihre offizielle Facebookseite auf den Fall aufmerksam und schüren Angst, weil nach diesem Urteil jeder der eine Sondersignalfahrt durchführt um seinen Führerschein bangen muss.

Ist das wirklich der richtige Weg? Ist unser Selbstverständnis, dass wir über dem Gesetz stehen. Dass wir Kritik an uns niederbügeln, richterliche Entscheidungen aus der Ferne in Frage stellen und im Netz aufhetzen?

Macht und Rechte bedeuten auch Verantwortung

Keine Frage, das ganze Jahr über leisten wir alle großartiges. Wir retten Leben, helfen Menschen, schützen Sachwerte und viele Leute sind verdammt froh dass es uns gibt und dass wir kommen. Um das erfolgreiche machen zu können bekommen wir vom Staat viel Macht. Dies geht soweit, dass die Feuerwehr Grundrechte einschränken kann, oder aber, wie im konkreten Fall, wir uns über die Straßenverkehrsordnung hinwegsetzen können. Dabei darf man aber auch ein wichtiges Prinzip nicht vergessen, das da lautet „Verhältnismäßigkeit“.

Auch wir als Retter, haben keine Narrenfreiheit. Wir bewegen uns nicht im rechtsfreien Raum in dem wir tun und lassen können was wir wollen und das alles unter dem Deckmantel „Leben retten“. Ganz ehrlich, das ist auch gut so.

Wir machen unser Ehrenamt oder unseren Job tausendfach ohne dass es Probleme gibt. Tja und dann gibt es wenige Fälle bei denen etwas falsch gelaufen ist. Bei denen sich der Bürger oder aber auch wir als Vertreter von Blaulichtorganisationen, falsch verhalten haben. Jeder von Euch der schon lange genug dabei ist wird solche Situationen schon erlebt haben. Und ja, da gibt es auch Momente bei denen ich der Meinung bin, dass der Fehler bei uns liegt. Dass wir uns bewusst oder unbewusst in unterschiedlichen Ausprägungen falsch verhalten haben. Und genau für solche Fälle gibt es auch für uns Grenzen, die im Extremfall auch von richterlicher Seite aufgezeigt werden müssen.

Wir dürfen unsere Kritikfähigkeit nicht aus dem Auge verlieren

Wir alle genießen in der Bevölkerung hohes Ansehen. Die Bürger vertrauen uns weil sie der Meinung sind, dass wir unsere Aufgabe gut machen. Lasst uns dieses Vertrauen nicht durch einen falsch verstandenes Gemeinschaftsgefühl kaputt machen. Es spricht nichts dagegen sich für eine Sache einzusetzen und zu unterstützen. Hierbei dürfen wir aber nicht die Rechtsstaatlichkeit und unsere eigene Kritikfähigkeit aus den Augen verlieren.

Ich wünsche den Prozessbeteiligten ein faires und ehrliches Verfahren. Nein, ehrlich gesagt wünsche ich es uns allen. Denn ich bin fest der Überzeugung, dass wir alle in einem Land leben wollen, indem das genau so ist und nicht durch Onlinemeinungen oder Mitgliedschaft in einer Organisation, Recht gesprochen wird.

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