FEUERWEHRLEBEN

Wieviel Feuerwehr braucht Deutschland? – Teil 1

Gehts uns gut oder schlecht? Haben wir zu viel oder zu wenig Feuerwehr? Anhand einer Beispielrechnung möchte ich mal ein Gefühl vermitteln was  notwendig ist und wo wir in Deutschland stehen.

1,3 Mio. Feuerwehrler gibt es in Deutschland. Zu viel, zu wenig oder genau richtig?

Jetzt werden viele gleich mal zusammen zucken, denn wie kann man als Feuerwehrler nur die Frage stellen ob es zu viel Feuerwehr gibt. Nun ja, ich bin halt der Meinung, dass sich die Feuerwehr, wie jede andere staatliche Einrichtung auch, Gedanken machen muss wie wirtschaftlich sie arbeitet. Wirtschaftlich nicht in im Sinne von Gewinn erwirtschaften, sondern wirtschaftlich im Sinn von, das Beste aus dem Geld raus holen, dass uns zur Verfügung steht. Und da ja immer wieder  Diskussionen entbrennen, warum andere Länder mit viel weniger Feuerwehrkräften am Einsatzort auskommen oder ob jedes Dorf wirklich  eine eigene Feuerwehr braucht, kann es ja nicht schaden einfach mal nachzurechnen. Ich möchte daher versuchen recht emotionslos, das ganze abstrakt nur anhand von Zahlen zu betrachten. Stellt Euch also einfach mal Deutschland ganz ohne Feuerwehr vor. Nun kommt die Bundesregierung auf uns zu und möchte gerne wissen welche Möglichkeiten es gibt, um in Deutschland den abwehrenden Brandschutz sicherzustellen, wie viele Leute man dafür benötigt und was der ganze Spaß kostet.

Welche Ziele müssen wir eigentlich erfüllen?

Der “kritische Wohnungsbrand” auf Basis der AGBF Kriterien ist die Grundlage vieler Feuerwehrbedarfspläne in Deutschland

Bevor wir jetzt gleich loslegen und Deutschland mit Gerätehäusern voll pflastern, sollten wir aber erst mal die liebe Bundesregierung fragen, was sie überhaupt möchte. Und da die auch keine Antwort aus dem Ärmel schütteln, werden sie sagen: „Orientiert Euch an der Schutzzieldefinition der AGBF, da die auch in vielen Brandschutzbedarfsplänen als Bezugsgröße dient“. Wunderbar, damit können wir ja schon mal arbeiten. Wir müssen es jetzt mit unserem Feuerwehrkonzept schaffen, dass innerhalb einer Hilfsfrist von zehn Minuten, zehn Feuerwehrler (= Funktionen) vor Ort sind. Nach weiteren fünf Minuten (also innerhalb von 15 Minuten) sechs weitere Funktion. Und voilà, nach spätestens 15 Minuten steht da unser Löschzug mit 16 Funktionen, so wie wir ihn kennen.

Welchen Einsatzbereich kann ich mit einer Wache abdecken?

Ausrückebereich einer hauptamtlichen Wache innerhalb der Hilfsfrist von zehn Minuten

Mit diesen Zielvorgaben können wir jetzt ausrechnen welches Einsatzgebiet jede Wache abdecken kann um noch innerhalb der Hilfsfrist an der Einsatzstelle einzutreffen. Bei einer durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h (ist schon recht hoch gegriffen) kommen wir pro Minute 0,83 km weit. Zieht man von der Zehn-Minuten-Hilfsfrist, die uns ursprünglich zur Verfügung stand, noch die Dispositionszeit der Leitstelle (1,5 Minuten) und die Ausrückezeit ab, habe wir die Fahrstrecke die man maximal zurücklegen kann. Bei hauptamtlichen Kräften mit einer Ausrückezeit von einer Minute wären das 6,3 Kilometer, bei einer Freiwilligen Feuerwehr mit einer Ausrückezeit von fünf Minuten eine Entfernung von 3,5 Kilometer.

Die weiteren sechs Funktionen die ich an der Einsatzstelle benötige haben etwas mehr Zeit, wodurch sich das Einsatzgebiet auch erhöht. Mit den zusätzlichen fünf Minuten kommen die Jungs und Mädels 4,15 Kilometer weiter.

Um die Rechnung zu vereinfachen habe ich statt Kreise, Quadranten genommen. D.h. die ausgerechnete Fahrtzeit ist die Entfernung von der Wache (die immer in der Mitte ist) zur Außenkante des Ausrückebereiches. Somit ergibt sich beispielsweise für die ersten zehn Funktionen ein Einsatzbereich von 156,3 km²  bei hauptamtlichen Kräften und 34 km² bei ehrenamtlichen.

Welche Feuerwehrsysteme schauen wir uns genauer an?

Gut planbar und großer Einsatzradius, die Vorteile von hauptamtlichen Feuerwehren

Beim weiteren Vergleich möchte ich jetzt vier  Feuerwehrsysteme miteinander vergleichen. Die ersten beiden Modelle sind ein komplett hauptamtliches (System 1) und ein komplett ehrenamtliches System (System 2). Beide wird es in dieser Form in der echten Welt nicht geben aber es ist trotzdem mal ganz interessant zu sehen welche Grenzbereiche es gibt. Dann schauen wir uns ein gemischtes System (System 3) an, was ungefähr dem entspricht was wir derzeit in Deutschland haben. Zuletzt noch ein rein hauptamtliches System mit Zielen die stark von den Vorgaben der AGBF nach unten abweichen (System 4). Letzteres ist interessant, weil es ungefähr die Feuerwehrwelt darstellt, wie sie in vielen Ländern ohne ehrenamtliche Feuerwehrleute existiert.

So, das wars fürs erste auch schon. Ich habe beschlossen den Artikel aufzuteilen da er sonst zu lange wird. Das heißt beim nächsten Mal rechnen wir alle vier Systeme durch und schauen wo man personell und finanziell landet wenn man sich für eines der Systeme entscheidet. Was doch erstaunlich war, dass wir mit der Modellrechnung ziemlich nah an der Realität dran sind. Ich stelle übrigens im Teil 2 die Excel Tabellen auch online, so kann jeder selbst rumrechnen bei welchen Kriterien (z.B. Anhebung der Hilfsfrist) sich was verändert.

Auch wenn das Thema zuerst etwas trocken klingt, hoffe ich doch, dass es mal ganz interessant zu sehen ist, was man bräuchte um die oben genannten Ziele zu erreichen und wie es derzeit in Deutschland aussieht. Hier gehts zum Teil 2 des Beitrages.

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