Nachdem in einem der vorhergegangen Artikeln neue Ansätze für den Aufbau einer Führungsstruktur diskutiert wurden möchte ich mit diesem Beitrag nahtlos anknüpfen und das Thema Führung von einer etwas anderen Seite betrachten.
„Führungsnachwuchs bekommt man nicht in 9 Monaten“, dieses Zitat wird Hans Lutz Merkle zugeschrieben (Deutscher Manager/Bosch), im Rahmen einer Vorlesung bin ich auf dieses Zitat gestoßen. Doch was hat das ganze mit dem Thema Feuerwehr zu tun?
Der Feuerwehr fehlt es an Nachwuchskräften/ Mitgliedern. Der Feuerwehr fehlt es somit auch an Führungskräften, soviel dürfte klar sein. Doch wie kommen wir als Feuerwehr eigentlich an guten Führungsnachwuchs, der dann irgendwann einmal zu Führungskräften werden soll? Wie eine aus Feuerwehrsicht „gute“ Führungskraft aussieht hängt zum einen vom Betrachter ab zum anderen sicherlich von einigen „formalen Kriterien“ die erfüllt werden müssen. Hierzu zählen die fachlichen Fähigkeiten wie der Besuch entsprechender Lehrgänge (Truppführer, Gruppenführer, Zugführer, Führer von Verbänden usw.).
Dann gibt es wiederum Kriterien, die nicht formal erfüllt sein müssen, die aber schlussendlich unverzichtbar sind. Hierzu zählen u.a. Soziale Kompetenzen, Erfahrung, Teamfähigkeit usw. Alleine zu diesen Thematiken werden unzählige Bücher verfasst. Doch werfen wir einen Blick auf den Weg der bestritten wird, um Führungskräfte zu finden und auszubilden. Eigentlich kann das nicht so schwer sein oder? Ich schicke jemanden auf die entsprechende Feuerwehrschule und schon habe ich eine Führungskraft, die ich im Ernstfall einsetzen kann. Formal gesehen ist dies sicherlich der Fall. Doch meine persönlichen Erfahrungen zeigen, dass sich dieser ganze Prozess des Führungskräfte finden- und Führungskräfte ausbilden deutlich optimieren lässt.
In jedem Unternehmen gibt es Führungskräfte. Wie kommen diese Unternehmen zu ihren Führungskräften? Logisch, durch Bewerbungen entsprechender Kandidaten auf diese Führungsstelle. Eine andere und in der Praxis nicht weniger verbreitete Möglichkeit an vor allem junge Führungskräfte zu kommen sind sog. Trainee- Programme. Bei diesen Ausbildungsprogrammen kommen beispielsweise Absolventen einer (Hoch-) Schule in das jeweilige Unternehmen und werden dort weiter ausgebildet. D.h. sie durchlaufen verschiedene Stationen im Unternehmen und bekommen erfahrene Führungskräfte an die Seite gestellt von denen die Jungen lernen können. Der Nachwuchs wird bei der Einarbeitung in Unternehmen und Aufgabengebiete fachkundig unterstützt.
Ein Punkt ist aus meiner Sicht entscheidend: Erfahrene Führungskräfte, von denen der Nachwuchs lernen kann
Bei verschiedenen Berufsfeuerwehren wird diese Vorgehensweise ebenfalls umgesetzt, Beispiel: Berliner Feuerwehr – Ausbildung zum Brandrat („112-Master“):
„Auf Ihre anspruchsvolle Tätigkeit werden Sie in einem zweijährigen Brandreferendariat umfassend vorbereitet.(…) In der darauffolgenden dreijährigen Probezeit haben Sie die Möglichkeit, sich in verschiedenen Leitungsfunktionen im Einsatz und im rückwärtigen Bereich zu bewähren. Dabei werden ihnen erfahrene Führungskräfte als Mentoren zur Seite gestellt.“
Der alleinige Lehrgangsbesuch ist keinesfalls ausreichend entsprechende Einsätze zu leiten oder eine Mannschaft durch den Einsatz zu führen.
Der vielleicht geeignetere Weg:
- Frühzeitig Gedanken machen, wer als Führungskraft in Frage kommt: Variation bei Übungsdiensten hinsichtlich der Einheitsführer gibt einen ersten Aufschluss darüber, wer geeignet ist. Vielleicht ist aus Einsatzerfahrungen schon zu erkennen, wer aus der Mannschaft besonnen, ruhig und koordiniert reagiert. Oftmals werden Feuerwehren erst „wach“ wenn Wahlen für das Führungspersonal anstehen. Es ist dann Schade, dass die Zeit zur Vorbereitung für die Nachfolger verschenkt wird. Speziell bei Führungskräften, die nicht nur eine Funktion ausüben (GF/ZF) sondern auch ein Amt (Wehrführer, Löschabteilungsführer etc.) besteht neben dem Führen/ Leiten bei Einsätzen auch noch einige Arbeit im täglichen Geschäft (Organisation und Koordination der Einheit). Der zeitliche Teil der in Verwaltungsaufgaben gesteckt wird ist dann oftmals nicht zu vernachlässigen.
- In einer Art Übergangsphase die frisch ausgebildeten Führungskräfte bei Einsätzen als Melder aktiv mitnehmen. Gerade bei schweren oder komplexen Einsätzen ist der Führungsnachwuchs dann nicht auf sich alleine gestellt und kann von der Ruhe und Besonnenheit von den erfahrenen Mentoren lernen.
- „Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz“ – Ist der Einsatz beendet, so macht es Sinn sich einige Minuten Zeit zu nehmen und gemeinsam mit der Führungsmannschaft zu reflektieren:
- Wie wurde die Situation beim Eintreffen wahrgenommen? (Jeder Mensch hat ein unterschiedliches Empfinden über die Gefahrenlage)
- Auf welcher Grundlage wurden welche Maßnahmen ausgewählt?
- Wurden Fehler begangen? Was kann verbessert werden?
- (Dies sind nur einige mögliche Diskussionspunkte)
Ein Beispiel aus der Praxis mit Verbesserungspotential
Schon auf Gruppenführerebene Nachwuchs gezielt fördernSchon auf Gruppenführerebene Nachwuchs gezielt fördern
Die Feuerwehr fährt X mal pro Jahr zu Brandmeldealarmen. Auf dem Fahrzeug sitzt der Fahrzeugführer (Gruppenführer/Zugführer Qualifikation), ein weiterer Gruppenführer sowie der Rest der Mannschaft. Nahe zu jedes Mal nimmt der Fahrzeugführer einen anderen Gruppenführer zur Erkundung mit. Bei entsprechenden Einsätzen sicherlich nicht der schlechteste Weg, denn ein weiterer Gruppenführer kann den Fahrzeugführer bei der Erkundung unterstützen. Aber gerade bei Brandmeldealarmen (wo man mit einer hohen Fehlalarmquote rechnen kann) wäre die bessere Alternative auch die Melder mal rotieren zu lassen. So bekommen die Mannschaftsränge auch mal die Möglichkeit von einem erfahrenen Kollegen einen Eindruck zu bekommen, auf was zu achten ist, wie bei der Erkundung vorgegangen wird und was der „Chef“ eigentlich macht, während der Rest auf dem Fahrzeug wartet. Immerhin erfolgt der Aufstieg als Führungskraft bei Freiwilligen Feuerwehren fast immer aus Mannschaftsrängen heraus.
Gerade bei dem heutigen Personalmangel garantiert ein entsprechendes Einbinden der Mannschaft, dass diese im Fall der Fälle (wenn kein Gruppenführer/Zugführer verfügbar ist) den Einsatz trotzdem eigenständig und mit einer gewissen Führung / Routine abarbeiten kann. Die Führung sollte sich also nicht absolut auf eine Person beziehen, fehlt diese Person oder scheidet gar aus der Feuerwehr aus, so entsteht ein entsprechender Wissens- und Erfahrungsverlust der oftmals schwer zu kompensieren ist.
Wie sieht Eure Erfahrung zu dem Thema aus? Gab es in eurer Laufbahn Situationen, wo ihr Euch einen erfahrenen Mentor an der Seite gewünscht hättet? Wie werden in eurer Feuerwehr Führungskräfte ausgebildet?